Geplant war eigentlich heute nach Shirakawa No Go zu fahren, eines der Ziele welches vor Beginn der Reise schon festgelegt wurde. Ein abgelegenes Dorf, in dem sich aufgrund seiner Abgeschiedenheit viele Lebensweisen und Rituale entwickelt haben. Außerdem ist hier alles auf einem ziemlich frühen Stand geblieben, sodass sich dem Besucher ein Einblick in die frühere Lebensweise bietet. Als wir gestern Abend noch mal zusammen saßen und den Tag vorbereiteten, stellen wir aber fest, dass die einstündige Busfahrt pro Person 30 € kosten würde. Irgendwie waren wir nicht bereit das Geld auszugeben und so planten wir stattdessen eine kleine Wanderung, um Takayama zu machen und mehrere Tempel und Schreine in Augenschein zu nehmen. Da Dominic gestern ja nicht dabei war und Andre auch noch mal in eines der Geschäfte von gestern wollte, sind wir zunächst noch mal zum Markt gelaufen.
Auf dem Weg dahin haben wir uns erst mal alle ein oder zwei Kapseln aus den Gachapon geholt. Das sind Spielzeugspender, wie man sie auch von uns kennt. Man wirft eine Münze ein, normalerweise zwischen 100 und 500 Yen, und dreht den Griff, um eine Kapsel herausfallen zu lassen. Der Name selbst kommt von dem Geräusch, das die Maschinen machen. Das „gacha“ kommt vom Drehen des Griffs und das „pon“ kommt vom Geräusch, das die Kapsel beim Herunterfallen macht.
In Japan sind sie extrem beliebt und eigentlich ein bisschen eine Grauzone. Da man nie weiß, welche Figur im Ei ist, hat es was von Glücksspiel, und das ist in Japan eigentlich verboten. Auch wir haben schnell gemerkt, dass diese kleinen Geräte durchaus süchtig machen können, weil man dann doch gerne das eine bestimmte Teil haben möchte.
Hier hatten wir aber Glück. Im Grund hat jeder einmal gezogen und etwas anderes bekommen als er wollte. Allerdings auch immer etwas, was eigentlich ein anderer wollte und nachdem wir getauscht hatten, waren alle glücklich und zufrieden. 😂

Und hier kommen wir zu unserer ersten Spontanität des Tages: Nach dem Besuch des Marktes und zweier Läden guckte ich per Google Map, wie man denn nun zu den Tempeln gelangt. Dabei erregte eine markierte Sehenswürdigkeit meine Aufmerksamkeit: Hida Folk Village. Kurze Recherche: Hier stehen mehrere alte Gebäude aus längst vergangenen Zeiten und es wird viel über die Geschichte der Japaner aus den letzten 3 Jahrhunderten erzählt. Klang ziemlich ähnlich zu dem, was wir ursprünglich eh vorhatten, nur, dass hier die Busfahrt 10 Minuten dauert und 100 Yen kostet (ca. 60 Cent). Ein kleiner Sprint (schnelleres Gehen) zum Busbahnhof zurück und wir konnten grade noch in den nächsten Bus einsteigen.
Um es nicht zu spannend zu machen: Das war einer unserer Höhepunkte dieser Japanreise! Die Häuser sind teilweise über 300 Jahre alt und wurden an ihren ursprünglichen Standorten abgebaut, in dieses Dorf gebracht und wieder aufgebaut. Man versucht so die Geschichte Japans lebendig zu erhalten, insbesondere die Bauweisen der Häuser aus den verschiedenen Epochen. Jedes Haus für sich beherbergte aber auch immer eine kleine Ausstellung zu einem bestimmten Thema: Hochzeitsrituale, der Beruf des Holzfällers und alles was dazu gehört, verschiedene Schlitten und wofür sie genutzt wurden, Seiden-Produktion, und und und. Zu Beginn bekamen wir noch eine Übersichtskarte in die Hand gedrückt, auf der verschiedene Laufwege abgebildet werden. Die Route, welche alle Gebäude abdeckt wurde mit 1 Stunde Dauer angegeben, wir waren 3 1/2 Stunden hier und haben uns richtig Zeit genommen und alles aufgesogen was es zu sehen und lesen gab. Glücklicherweise wurden hier auch immer alle Texte direkt ins Englische übersetzt und auf den Tafeln mit abgedruckt.
Irgendwann sind wir auch auf zwei größere Steine gestoßen. Die Tafel sagt dazu:
Ban-mochi ishi
Dieser Stein wurde früher genutzt, um zu sehen, wer der stärkste im Dorf ist. Manchmal wurden Säcke mit Reis gehoben und manchmal so große Steine wie diese hier. Die runde Form war gut, da nicht nur Armkraft gebraucht wird, sondern auch Griffstärke. Der große Stein wiegt 25 Kan (93,75 Kg), der kleinere wiegt 20 Kan (75 Kg)
4 Männer und zwei Steine, die zeigen sollen, wer der Stärkste ist. Ist doch klar, dass wir hier die Traditionen der „alten“ Japaner ehren und uns selbst einmal daran versuchen 😁
Lustigerweise hatte ausgerechnet der Probleme den Stein zu heben, bei dem wir noch am ehesten gesagt hätten, dass er von Beruf her die nötige Kraft mitbringt. Da wir aber auch alle wollten, dass seine Bandscheibe da bleibt, wo sie hingehört, wurde hier nicht bis zum äußersten gegangen. 5 Minuten später Daniel hochzuheben, der noch mal ne kleine Spur mehr auf die Waage bringt als der große Stein war dann aber wieder gar kein Problem. Fazit: Wir sind alle die stärksten im Dorf 😎
Auch interessant war, dass klar geregelt wurde, wer an der Feuerstelle an welchem Platz sitzt.
Die Feuerstellen waren in den Häusern damals so ziemlich die einzigen Lichtquellen und brannten daher im Grunde durchgängig. Aber nicht nur um für Licht zu sorgen, sondern vor allem auch, um das Ungeziefer aus dem Dach zu halten. Der Rauch vertrieb dieses und sorgte so dafür, dass das Dach um einiges länger hielt, als es sonst der Fall gewesen wäre.
Aber es wäre zu viel, hier alles aufzuführen und alle Bilder auf diese Seite zu packen, die wir gemacht haben. Wer Interesse hat mehr zu sehen oder auch selbst nachzulesen sollte daher auf jeden Fall noch in die Galerie reinschauen. Dort sind auch diverse Tafeln mit Erklärungen zu finden, die wir abfotografiert haben.
Direkt hinter dem Dorf kann man noch auf einen Berg hoch und eine alte Schlossruine besichtigen. Das schafften wir aber aufgrund der fortgeschrittenen Zeit nicht mehr (im Dunkeln durch den Wald ist vermutlich auch keine sehr gute Idee), das werden wir dann morgen nachholen. Wir sind also mit dem Bus zurück nach Takayama und es stand mal wieder die Suche nach einem Restaurant für das Abendessen an. Von unserem Führer in Kyoto hatten wir noch die Empfehlung im Kopf, einmal Yakiniku zu probieren. Also japanisches BBQ am Tisch bei dem man Gemüse, Fleisch und diverse Kleinigkeiten bekommt, die man dann selbst nach Geschmack am Tisch grillen kann. Wir erinnerten uns, dass wir ein solches Restaurant gestern gesehen hatten, also sind wir da erst mal hin gestiefelt.
Blöd: Geöffnet nur bis 16:00 (Es war inzwischen 16:30).
Google Map musste also mal wieder herhalten. Schnelle Suche nach Yakiniku: Ca. 20 Restaurants in der näheren Umgebung. Nachdem wir uns ein paar angeguckt und Bewertungen verglichen haben, sind wir den gleichen weg, den wir kamen wieder zurück zu einem, dass um 17:00 aufmachen sollte. Um 17:05 waren wir da und es standen im Vorraum schon bestimmt 30 Leute, die alle anstanden. Wir erinnern uns: Die Japaner haben kein Problem damit, auch mal länger anzustehen, wenn das Essen gut ist. Dann kam noch eine freundliche Kellnerin raus, die das „Open“ Schild vor der Tür einfach mal umgedreht hat, sodass jetzt „Closed“ zu lesen war. Verrückt.
Also erneut umgedreht und wieder den halben Weg zurück zu einem weiteren Restaurant. Ein Blick durch die Glastür zeigte uns, was ihr euch jetzt alle schon denken könnt: ca. 30 Personen, die auf Hockern an den Wänden saßen und darauf warten dran zu kommen. Und dieses Restaurant hat von 11:00 Uhr an bis spätabends durchgehend geöffnet.
3 Versuche und 3 Nieten. Wir hatten uns damit abgefunden, dann doch wieder das Essen beim Family Mart vor dem Hotel zu kaufen und es morgen noch mal zu versuchen. Auf dem Weg zum Busbahnhof (erneut der Weg zurück) kamen wir dann an einem Restaurant vorbei, welches offensichtlich noch Platz hatte. Hier saß tatsächlich niemand. Keine Menschen Seele. Und es war ein Yakiniku-Restaurant.
Und ja, wir waren sehr skeptisch. Warum sind die anderen Restaurants übervoll und hier sitzt wirklich niemand. Ist es dann wirklich gut oder auch nur tauglich? Wir beschlossen, dem Zufall zu vertrauen (das hatte heute ja schon einmal gut funktioniert) und haben uns reingesetzt. Ich mache es wieder kurz: Auf der von uns in Kobe neu etablierten Skala (Null bis Kobe) bekommt dieses Restaurant und Essen mind. eine 8,5. Das Hida Rind ist wirklich lecker. Wir bestellten uns eine Mix-Platte für 4 Personen mit verschiedenen Teilen vom Rind (Zunge, Hüfte, …) und es war alles sehr, sehr gut. Die Hüfte gefiel uns am besten. Dazu Gemüse so viel man wollte (Frühlingszwiebel und Sojasprossen), welches im äußeren Kreis des Grills langsam geschmort wurde, während Fett und Fleischsäfte in genau diese Ausbuchtung flossen. Ein Gedicht!
Zu dem Menü, welches pro Person 6050 Yen (ca. 38 €) kostete, gehörten nicht nur die Fleischplatte, sondern auch zwei leckere Soßen, ein Appetizer, der Haussalat, das erwähnte Gemüse (welches wir 3 Mal nachbestellt haben), Tatar mit rohem Ei, Beef-Sushi und ein Nachtisch. Die Bedienungen auch extrem freundlich und mit einem sehr guten Englisch. Da kann man echt nicht meckern.
Gut gesättigt sind wir aber immer noch nicht zum Hotel, sondern haben zum dritten Mal an diesem Tag spontan entschieden uns noch ein wenig sportlich zu betätigen. 5 Minuten entfernt gibt es einen kleinen Schießplatz (in einem Haus) an dem man das japanische Bogenschießen (Kyudu) praktizieren kann. Eine kurze Einweisung auf Englisch und dann haben wir die Pfeile auch schon losgelassen. 10 Pfeile kosten beim ersten Mal 700 Yen (ca. 4,40 €) und alle weiteren 10 Pfeile jeweils 400 Yen (ca. 2,50 €). Es ist wirklich nicht einfach den richtigen Zielpunkt zu finden, aber in der zweiten Runde ging es schon deutlich besser. Dominic setzte direkt 6 von 10 Pfeilen auf die Scheibe. Spaß gemacht hat es aber alle mal.
Wieder zurück im Hotel sind wir zum Aufwärmen wieder ins hauseigene Onsen und haben und danach noch ein kühles Bier gegönnt. So geht der Tag nun ganz entspannt zu Ende.



















































